Manische Episode


Informationen zum Krankheitsbild, Verlauf und möglichen Ursachen der Manie.


Manie

Eine Manie ist eine Störung des Gemütszustandes, die sich in Form einer permanenten und grundlos heiteren Stimmung äußert. Die Betroffenen fühlen sich allen und allem überlegen und überschätzen ihre Möglichkeiten maßlos. Dabei fühlen sie sich ausgesprochen wohl und verhalten sich euphorisch

Sie zeigen ein maßloses Verhalten, manche auch Aggressionen und Gereiztheit. Ihnen ist jegliche Realitätseinschätzung verloren gegangen, was zu einer akuten Selbst- und/oder Fremdgefährdung führen kann.

 

Eine Einsicht für ihren krankhaften Zustand fehlt völlig. Eine Behandlung muss oft gegen den Willen des Betroffenen erfolgen. Meistens kommt es wegen einer Eigen- und / oder Fremdgefährdung zu einer zwangsweisen Unterbringung (Zwangs-einweisung) in die Psychiatrie.

 

Bei einer Manie besteht zumeist für die Betroffenen eine Testierunfähigkeit und Schuldunfähigkeit (z.B. bei abgeschlossenen Kaufverträgen).

 

Oft verstoßen Menschen, die sich in einer manischen Phase befinden, gegen Normen, die ihnen sonst sehr wichtig sind, sie werden beleidigend oder machen anzügliche Bemerkungen, wodurch es bei Bezugspersonen zu großen Kränkungen kommen kann.

Nach dem Abklingen einer akuten Phase plagen den Betroffenen häufig Schuldgefühle und depressive Nachschwankungen, die zu Suizidgedanken führen können.

 

Verlauf

Es kann unterschieden werden zwischen unipolaren Verlaufsformen (nur manische Episoden), die sehr selten sind und bipolaren Verlaufsformen, bei denen depressive und manische Episoden auftreten.

 

Der Beginn einer Manie liegt meist zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr.

 

Symptome

In vielerlei Hinsicht kann man eine Manie als das Umkehrbild einer Depression bezeichnen. Typische Symptome sind beispielsweise:

  • intensive, aber unbegründete gehobene, heitere Stimmung, teilweise aber auch Gereiztheit bzw. missmutige Umtriebigkeit
  • starke Erregung, innere Getriebenheit
  • rastlose Aktivität und Unruhe
  • mangelnde Sensibilität für die Bedürfnisse und Gefühle der Mitmenschen
  • hemmungsloses und unkritisches Verhalten
  • den Betroffenen gehen ständig neue Ideen durch den Kopf, dies reicht von einer Weitschweifigkeit der Gedanken bis zur Ideenflucht
  • Weitschweifigkeit: beim Reden über ein Thema gerät der Betroffene immer wieder auf Abwege vom ursprünglichen Thema, zu dem er nur umständlich wieder zurückfindet.
  • Ideenflucht: die Gedanken folgen rasend schnell aufeinander, der Betroffene gelangt vom „Hundertsten ins Tausendste“, die Assoziationen können gelockert sein. Trotzdem bleiben die Gedanken an sich logisch aufeinander folgend, jedoch ist es dem Betroffenen kaum möglich, eine weitergehende Frage zu beantworten, da er nicht zum Ziel seiner Erzählung zurückfindet bzw. immer wieder abschweift
  • Logorrhoe: starker Rededrang, im Extremfall überschlagen sich die Worte so sehr, dass es dem Zuhörer kaum oder nicht möglich ist, etwas zu verstehen
  • ins Maßlose gesteigertes Selbstbewusstsein
  • Realitätsverlust
  • Größenwahn (Megalomanie)
  • sonstige Wahnvorstellungen, die mitunter über mehrere Wochen bis Monate als „Realität“ verteidigt und ausgebaut werden (sie kommen allerdings, genau wie Halluzinationen nur bei so genannten Manien mit psychotischen Symptomen vor)
  • Halluzinationen, eine verstärkte Wahrnehmung von Farben und Eindrücken, auch Wachträume, welche die Aufmerksamkeit stark mindern können
  • stark vermindertes Schlafbedürfnis
  • häufig Zähneknirschen, Schmatzen und Reden im Schlaf
  • manchmal Vernachlässigung von Nahrungsaufnahme und Körperhygiene

 

Übermäßige Beschäftigung mit angenehmen Dingen ist typisch; fanatisch und exzessiv wird ein Teilbereich ausgeübt, während andere, oft wichtigere Dinge, völlig vernachlässigt werden. Häufig geben die Betroffenen mehr und schneller Geld aus als üblich. Mitunter werden von Erkrankten während einer Manie aufgrund ihrer Größenideen sogar massenweise Geschäfte getätigt, die für die Betroffenen und ihre Angehörigen sehr unangenehme Folgen wie hohe Verschuldung haben können.

Die Libido ist gesteigert, die Geselligkeit und die Gesprächigkeit ebenso, die Betroffenen können allerdings auch völlig enthemmt werden, die Kontrolle über sich selbst verlieren. Selbst wenn sie dies noch wahrnehmen, verausgaben sie sich völlig, obwohl ihnen bewusst ist, dass dies schädliche Folgen haben kann.

 

Klassifikation

Das Gesamtbild einer Manie unterscheidet sich von Fall zu Fall, oft auch von Episode zu Episode bei einem einzigen Patienten. Man kann zwischen der klassischen Manie (mit einer im Vordergrund stehenden Antriebssteigerung und gehobener Stimmung) und der gereizten Manie (mit zornig-gereizter Stimmung) unterscheiden.

Bei extremer Beschleunigung von Denken und Sprechen ist eine verworrene Manie möglich, ein Krankheitsbild, das einem Verwirrtheitszustand, wie er bei hirnorganisch bedingten psychischen Störungen vorkommt, sehr ähnlich sein kann.

 

Eine Manie kann je nach Ausprägung für den Betroffenen und die Angehörigen sehr belastend sein und schwerwiegende soziale Folgen haben. Den Betroffenen wird dies erst bewusst, wenn die Manie abgeklungen ist. Es kommt dann nicht selten zu schweren Schamgefühlen.

An einer Manie Erkrankte haben während der manischen Phase typischerweise keinerlei Krankheitseinsicht; sie kommen sich nicht krank vor, sondern „fühlen sich blendend“. Angehörige oder andere Experten der Krankheit hingegen vermögen die Krankheit zu erkennen. Wenn die Phase abgeklungen ist, sitzen die Erkrankten vor einem großen Scherbenhaufen und sind voller Schamgefühle wegen ihres Verhaltens. Aufgrund der Selbstüberschätzung kann es auch zu selbstgefährdendem Verhalten bis hin zum Suizid kommen; seltener besteht eine Fremdgefährdung, welche durch die gesteigerte Kraft, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit (etwa gegenüber manchen Beruhigungsmitteln) akuter Maniker noch potenziert werden kann.

 

Neben reinen Manien kann auch eine gemischte Phase (Mischzustand) auftreten: Neben manischen kommen dann auch depressive Symptome vor: Meist hat man dann die Getriebenheit der Manie mit dem schlechten Gefühl der Depression, in diesem Zustand spielt Suizidalität eine große Rolle.

 

Diagnose

Diagnose nach ICD-10

 

Eine Fremdanamnese ist sehr wichtig, weil die Maniker keinerlei Krankheitseinsicht besitzen und ihre Symptome nicht als störend empfinden.

 

Eine manische Episode kann nach ICD-10 diagnostiziert werden, wenn mindestens eine Woche lang eine abnorm und anhaltend gehobene oder gereizte Stimmung im Vordergrund steht (Hauptsymptom).

 

Zudem müssen sich mindestens 3 weitere der folgenden Symptome, deutlich zeigen:

 

  • Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit
  • Gesteigerte Gesprächigkeit (Rededrang)
  • Ideenflucht oder subjektives Gedankenrasen
  • Verlust sozialer Hemmungen
  • Vermindertes Schlafbedürfnis
  • Überhöhte Selbsteinschätzung, Größenwahn
  • Ablenkbarkeit, dauernder Wechsel von Aktivitäten oder Plänen
  • Leichtsinniges, tollkühnes Verhalten
  • Gesteigerte Libido oder sexuelle Taktlosigkeit

 

Es wird unterschieden zwischen Manie ohne psychotische Symptome F30.1 und Manie mit psychotischen Symptomen F30.2.

 

Bei der Manie mit psychotischen Symptomen treten zusätzlich zu dem manischen Bild Wahn (zumeist Größenwahn) oder Halluzinationen (zumeist Stimmen, die unmittelbar zum Betroffenen sprechen) auf. Die Erregung, die ausgeprägte körperliche Aktivität und die Ideenflucht können so extrem sein, dass der Betroffene für eine normale Kommunikation unzugänglich wird.

Es kann im Extremfall zum Manischen Stupor kommen.

 

Ätiologie

Die Ursachen für die Entstehung einer Manie sind noch weitgehend ungeklärt.

Man geht derzeit von einer vorübergehenden Störung der Neurotransmitter im Gehirn aus.

Zwillingsstudien haben eine familiäre Häufung ergeben.

 

Die Auslöser krisenhafter Krankheitsepisoden sind oft bedeutende Ereignisse im Leben wie zum Beispiel eine Hochzeit, Scheidung oder ein Stellenwechsel. Verlusterfahrungen wie Tod eines nahen Angehörigen, Zerbrechen einer Beziehung, Arbeitslosigkeit etc. sind ebenfalls Ereignisse, die bei Disposition für diese Krankheit Episoden auslösen können. Episoden der Krankheit können aber auch ohne äußere Ursachen auftreten.

Vermutet wird auch, dass manische Zustände dabei helfen sollen, ein Gefühl der Bedrücktheit und geringe Selbstwertgefühle zu vermeiden.

 

Hypomanie

Als Hypomanie bezeichnet man eine Störung, die charakterisiert ist durch eine anhaltende, leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und Aktivität und in der Regel auch ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit. Gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte Libido und vermindertes Schlafbedürfnis sind häufig vorhanden, aber nicht in dem Ausmaß, dass sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen. Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und flegelhaftes Verhalten können an die Stelle der häufigen euphorischen Geselligkeit treten. Die Störungen der Stimmung und des Verhaltens werden nicht von Halluzinationen oder Wahn begleitet.