Systemische Therapie


Die Systemische Therapie richtet ihren Blick nicht allein auf ein Individuum, sondern sieht dieses immer als Teil eines oder mehrerer Systeme. Veränderung bedeutet somit immer auch Veränderung dieser Systeme. 

 

Ich finde das einen sehr interessanten und sinnvollen Ansatz. Sicherlich ist es kein Schaden, diesen mit im Blick zu behalten. 


Was ist systemische Therapie?

Die Systemische Therapie hat sich in den 50er Jahren aus der Arbeit mit Familien entwickelt.

Sie hat viele Gründungsorte, Mütter und Väter. Einige bedeutende Namen sind Virginia Satir, Helm Stierlin, Mara Palazzoli und Paul Watzlawick.

 

Kerngedanke der Systemischen Therapie ist die Annahme, dass der Schlüssel zum Verständnis und zur Veränderung von Problemen weniger in der behandelten Person allein liegt, sondern im (familiären) Zusammenhang, in dem das Problem steht, zu finden ist.

 

Symptomträger

In manchen Familien wird ein Mitglied unbewusst dazu bestimmt, die Störung in der Familie auszuagieren. Es ist somit derjenige, der als abnormal, kriminell oder schwierig gebrandmarkt wird. Diese Person ist der infizierte Patient oder Symptomträger.

Familientherapeuten weisen darauf hin, dass andere Familienmitglieder im Allgemeinen ein wichtiges persönliches Interesse an dessen Symptomen und Pathologie haben.

 

Systemische Therapie ist an Beziehungsprozessen der Personen interessiert, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung eines Problems beteiligt sind und daher auch für Veränderungs- und Lösungsprozesse von Bedeutung sind.

 

Der Therapeut behandelt nicht das „Symptom“ der Familie (den infizierten Patienten), sondern versucht die zu Grunde liegende Familienpathologie zu verstehen.

 

Es wurde festgestellt, dass, wenn sich die Behandlung auf das Symptom und nicht auf alle Familienmitglieder richtet, jede Besserung, die zu einem Verschwinden der Symptome des Patienten führt, häufig eine Auflösung des Familiensystems nach sich zieht.

Familienmitglieder wollen somit unbewusst gar nicht, dass sich der infizierte Patient „bessert“, weil dessen „Symptome“ zu einem stabilisierenden Bestandteil der Familie geworden sind. Jede Veränderung im pathologischen Verhalten des „Infizierten“ (selbst eine Besserung) stört somit das Familiengleichgewicht.

 

Zu einem System gehören nicht unbedingt nur Familienmitglieder, auch andere Personen können von Bedeutung sein (die beteiligten Personen müssen bei einer Systemischen Therapie jedoch nicht unbedingt anwesend sein).

 

Vorgehen

Am Anfang einer Systemischen Therapie steht eine möglichst präzise Auftragsklärung. Sind Ziele konkretisiert kann die eigentliche Therapie beginnen.

 

Bevorzugt werden wenige Termine pro Therapie mit, wenn möglich, größeren zeitlichen Abständen zwischen den einzelnen Sitzungen, in denen die Klienten neue Erkenntnisse aus den Sitzungen in ihrer eigenen Lebenspraxis ausprobieren und Hausaufgaben erledigen können.

 

Gebräuchliche Techniken, Interventionen und Methoden sind:

 

  • Zirkuläre Fragen, die auf den vermuteten Standpunkt Dritter (auch Anwesender) abzielen
  • Skalenfragen, zur Verdeutlichung von Unterschieden und Fortschritten
  • Positives Konnotieren und Herausarbeiten der positiven Aspekte von problematischen Sachverhalten
  • Reframing von Sachverhalten, um Bedeutungs- bzw. Interpretations-veränderungen anzuregen
  • Paradoxe Intervention, i.d.R. Verschreibung des problematischen Verhaltens, um Automatismen zu verändern
  • Hausaufgaben
  • Metaphernarbeit, Parabeln und Geschichten als Umgehungstechnik für potentielle „Widerstände“
  • Ausnahmen zum beklagten Sachverhalt erfragen, um die Änderbarkeit von als statisch angenommenen Sachverhalten zu verdeutlichen
  • Skulptur, Darstellen von Familienbeziehungen als Standbild aus Personen im Raum
  • Soziogramm, die grafische Darstellung der sozialen Beziehungen
  • Einladung an Familienmitglieder oder Freunde, an einzelnen Sitzungen oder Therapiephasen teilzunehmen

 

und viele mehr.

 

Die Systemische Therapie arbeitet neben Familien auch mit Einzelpersonen, Paaren und Organisationen.

 

Kollusionskonzept nach Willi

Das Kollusionskonzept beschreibt das Zusammenspiel von unbewussten

Motiven bei der Partnerwahl und späteren Paarkonflikten.

 

Kollusion meint ein uneingestandenes, voreinander verheimlichtes Zusammenspiel zweier oder mehrerer Partner auf Grund eines gleichartigen, unbewältigten Grundkonfliktes.

Der gemeinsame unbewältigte Grundkonflikt wird in verschiedenen Rollen ausgetragen, was den Eindruck entstehen lässt, der eine Partner sei geradezu das Gegenteil des anderen. Es handelt sich dabei aber lediglich um polarisierte Varianten des gleichen.

 

Die Verbindung im gleichartigen Grundkonflikt begünstigt in Paarbeziehungen beim einen Partner progressive (überkompensierende), beim anderen Partner regressive Selbstheilungsversuche.

 

Dieses progressive und regressive Abwehrverhalten bewirkt zu einem wesentlichen Teil die Anziehung und dyadische Verklammerung der Partner. Jeder hofft, von seinem Grundkonflikt durch den Partner erlöst zu werden. Beide glauben, in der Abwehr ihrer tiefen Ängste durch den Partner soweit gesichert zu sein, dass eine Bedürfnisbefriedigung in bisher nicht erreichtem Maße zulässig und möglich wäre.

 

Im längeren Zusammenleben scheitert dieser kollusive Selbstheilungsversuch wegen der Wiederkehr des Verdrängten bei beiden Partnern. Die auf den Partner verlegten (delegierten oder externalisierten) Anteile kommen im eigenen Selbst wieder hoch.

 


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